Postbauer-Heng beschließt zweite Satzung im Landkreis Neumarkt "Das ist gelebte Demokratie" POSTBAUER-HENG (5. September 2017) – Per Kampfabstimmung hat der Marktgemeinderat von Postbauer-Heng am 4. September 2017 mit 9:6 Stimmen die Einführung einer eigenen Informationsfreiheitssatzung beschlossen. "Das ist gelebte Demokratie", sagte Bürgermeister Horst Kratzer nach der Abstimmung (Foto Wolf-Dietrich Nahr). Dem Votum im Gemeinderat war eine einstündige Debatte vorausgegangen, die zunächst befürchten ließ, dass es im Kommunalparlament wohl keine Mehrheit für das neue Bürgerrecht geben wird. Mehrere CSU-Gemeinderäte taten ihre Ablehnung kund. Vor allem Geschäftsleiter Peter Himml trug Argumente vor, warum der Gemeinderat keine Informationsfreiheitssatzung erlassen sollte: Auskünfte würden ohnehin erteilt. Eine kleine Kommune wie Postbauer-Heng komme an ihre Grenzen, wenn sie "breit" informiere. Himml sprach von einer "wahnsinnigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme". Sein Hauptargument war der Aufwand, mit dem die Verwaltung konfrontiert werde: Man müsse im Zweifel den Bürgern "das ganze Einmaleins des Kommunalrechts erklären"; das Schwärzen von Akten sei sehr aufwändig. Der Teufel stecke im Detail der Anwendung der Satzung. Einige Verwunderung löste Himml mit der Bemerkung aus, nach einer Veröffentlichung könnten möglicherweise fehlerhafte oder rechtswidrige Entscheidungen oder Abstimmungen juristisch angefochten werden. "Diffizil" seien auch Auskünfte, weil Daten staatlicher Behörden, anderer Gemeinden oder von Bürgern geschützt werden müssten. Der Geschäftsleiter erwähnte bei seinen ausführlichen Wortbeiträgen nicht, was die später beschlossene Satzung alles regelt: dass es "ausschließlich um Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches" geht, dass die Regularien für das Auskunftsbegehren genau festgelegt sind; dass Akten anderer öffentlicher Stellen ausdrücklich ausgenommen sind; dass die Verwaltung einen Monat mit Verlängerungsmöglichkeit Zeit für die Auskunft hat; dass der Ausschluss eines Informationsanspruchs genau geregelt ist: Personenbezogene Geheimnisse Dritter, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, Behördeninterna und Informationen über jedewede Verfahren dürfen nicht herausgegeben werden. Unter anderem wurde in der Diskussion des Kommunalparlaments davor gewarnt, dass Rechte von Architekten berührt sein könnten. Auch hier sieht die Satzung eine klare Regelung vor: Der "Schutz des geistigen Eigentums oder des Urheberrechts" verbietet die Herausgabe von Informationen. Mehrere CSU-Gemeinderäte lehnten ein "Ja" zu der Satzung ab. Ernst Rötzer störte sich daran, dass der Gemeinderat "gezwungen und gedrängt" werden solle. Sigrid Hönig warnte vor "Überregulierung". Matthias Marx hielt es für verfehlt, "Transparenz" zu fordern und gab zu bedenken, dass die Gemeinde jetzt schon "gläsern" sei. Bürgermeister Horst Kratzer hatte der Arbeitsgruppe aus vier Bürgermeistern angehört, die im Auftrag des Gemeindetages auf Kreisebene die Mustersatzung ausgearbeitet hat. Kratzer hat nach eigenen Angaben großen Aufwand betrieben und unter anderem bei sieben bayerischen Gemeinden deren Erfahrungen recherchiert. Der Rathaus-Chef riet schließlich trotz der kritischen Stimmen dazu, die Mustersatzung probeweise einzuführen, Auskünfte an eine Gebührensatzung zu knüpfen und den Anspruch nur Gemeindebürgern zuzugestehen. Der BJV als Initiator der Informationsfreiheitssatzungen hat kürzlich nochmals vorgeschlagen, den Kreis der Anspruchsberechtigten zumindest auf "hauptberufliche Journalisten (Presseausweis) auszudehnen. Auch Gabriele Bayer (Bündnis 90/Die Grünen) beantragte zunächst eine solche die Pressefreiheit unterstützende Regelung, doch ohne Erfolg. Dafür griff Bürgermeister Kratzer den BJV-Vorschlag auf, die Satzung nicht rigide auf zwei Jahre zu begrenzen, sondern erst mit dem Ende der kommunalen Leigslaturperiode 2020 auslaufen zu lassen. Der Rathauschef erinnerte die Gemeinderäte daran, dass der Satzungsentwurf ja von Bürgermeistern des Landkreises ausgearbeitet und von der Kommnalaufsicht im Landratsamt eingehend geprüft worden sei. Für einen gewissen Stimmungsumschwung in der Diskussion sorgte CSU-Gemeinderat Erich Pröpster, der sich für die Einführung der Satzung aussprach. Es sei "nicht kritisch", wenn sich die Bürger mit Hilfe des Ortsrechts Informationen beschaffen könnten. Der Gemeinderat habe jederzeit die Möglichkeit, bei auftretenden Problemen "nachzujustieren". Bürgermeister Kratzer und den Gemeinderat erreichte nicht der Brief, den die Ortsgruppe Neumarkt des BJV einen Tag nach der Entscheidung von Postbauer-Heng an diejenigen Bürgermeister des Landkreises geschrieben hat, die noch keine Satzungen haben. Mehr lesen WOLF-DIETRICH NAHR Quellen: |
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