Knappes Votum in der ehemaligen Kreisstadt Parsberg Bürgermeister Bauer: "Wesentliches Grundrecht in der Demokratie" PARSBERG (21. September 2017) – Der Siegeszug der BJV-Initiative geht weiter: Der Stadtrat von Parsberg hat per Kampfabstimmung mit 10:8 Stimmen die Einführung einer Informationsfreiheitssatzung beschlossen. Allerdings hielt Bürgermeister Josef Bauer strikt an der Mustersatzung des Gemeindetages fest (Foto Stadt Parsberg). Mit der ehemaligen Kreisstadt Parsberg haben sich nunmehr fünf Kommunen im Landkreis Neumarkt ein eigenes Informations-Ortsrecht gegeben. Zuvor hatten die Kommunalparlamente in folgenden Gemeinden das Bürgerrecht verankert: Berg, Postbauer-Heng, Freystadt und Deining. Vor der Entscheidung im Stadtrat hatte Bürgermeister Josef Bauer (CSU) einerseits darauf hingeweisen, dass ihm kein einziger Fall eines Bürgers bekannt geworden sei, der Beschwerde über die Verweigerung von Auskunften durch die Stadtverwaltung geführt habe. Bauer: "Soweit Auskünfte nicht erteilt werden konnten, handelte es sich um datenschutzrelevante Themen." Andererseits bezeichnete der Rathauschef die Informationsfreiheit als wesentliches Grundrecht in einer Demokratie. Die Bürger hätten ein Recht auf vollständige Informationen. Transparenz und Offenheit würden als Selbstverständlich betrachtet. Bürgermeister Bauer legte deshalb dem Stadtrat den Satzungsentwurf vor, den eine Arbeitsgruppe des Bayerischen Gemeindetages im Landkreis ausgearbeitet und mit der Rechts- und Kommunalaufsicht im Neumarkter Landratsamt abgestimmt hat. Für diese Version der Informationsfreiheitssatzung stimmten zehn Ratsmitglieder einschließlich Bürgermeister Josef Bauer. Dagegen waren acht Stadträte. In der Stadtratssitzung spielten allerdings Nachbesserungsvorschläge des Bayerischen Journalisten-Verbandes (Ortsverband Neumarkt) keine Rolle: Die Medienschaffenden hatten in einem Offenen Brief an die Bürgermeister des Landkreises vorgeschlagen, dass nicht nur "Gemeindeangehörige", sondern auch hauptberufliche Journalisten einen Auskunftsanspruch nach der Informationsfreiheitssatzung haben sollten. Außerdem war vom BJV die Bitte geäußert worden, die Satzung nicht auf zwei Jahre zu befristen, sondern bis zum Ende der Legislaturperiode 2020 laufen zu lassen. Schließlich wollten die vereinigten Journalisten erreichen, dass zwei Generalklauseln aus der Satzung entfernt werden, mit denen man nahezu jedes Auskunftsbegehren ablehnen könnte. Dies betrifft die Informationsverweigerung zum „Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Interessen einzelner“ oder zum Schutz „behördlicher Entscheidungsbildungsprozesse“. Auch die Gebührenfreiheit der Auskunft war eine Forderung des BJV gewesen. Drei Parsberger SPD-Mandatsträger votierten nur deshalb gegen die vorgelegte Satzungsversion, weil ihre Änderungsvorschläge nicht Gegenstand der Abstimmung waren. Fraktionschef Martin Beiderbeck hatte dem Gremium empfohlen, sich stärker an die Informationsfreiheitsatzung der Gemeinde Berg anzulehnen: Das Bürgerrecht solle nicht auf Gemeindeangehörige beschränkt sein, sondern wie in jener Kommune jeder natürlichen und juristischen Person zustehen. So sollten sich auch der "Unternehmer aus Lupburg" oder Pressevertreter auf das Ortsrecht berufen können. Außerdem sollten anfragende Bürger über die Gebühren für ihre Anfrage informiert werden. Auch an einer Befristung auf zwei Jahre störte sich Beiderbeck. "Wenn die Satzung keinen Sinn macht, dann schafft man sie ab", sagte er. Von den vier Stadträten der freien Gruppierung PWG votierten drei gegen das Satzungswerk. Deren Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Hopf erklärte, dieses sei nicht notwendig und erzeuge das "Bauchgefühl", dem Stadtrat und der Verwaltung werde unterstellt, sie hätten "gemauschelt". Dies sei unzutreffend. Trotzdem stimmte er zu und erzeugte si die knappe Mehrheit im Stadtrat. Bei der künftigen Anwendung der Satzung müsse darauf geachtet werden, dass "in der Verwaltung keine notwendigen Arbeiten liegenbelieben" und der Schutz der Daten von Personen und Firmen gewährleistet sei. Sein Fraktionskollege Michael Forster sah "keinen Bedarf" für die Satzung. Sie stehe nur auf dem Papier und bringe nichts. Nur zwei Gegenstimmen gab es aus der Fraktion von CSU, FWL und JB. Deren Fraktionsvorsitzender Dr. Rainer Munzinger (CSU) gab zu bedenken, dass mit der Satzung ja auch die Grenzen einer Erteilung von Auskünften festgelegt seien. Das Thema sei zwar in der Fraktion kontrovers diskutiert worden. Letztlich habe sich aber eine Mehrheit dafür ausgesprochen. Dem neuen Bürgerrecht folgend hat jeder Gemeindeangehörige Anspruch auf freien Zugang zu amtlichen Informationen unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Ein besonderes Interesse für sein Begehren muss er nicht darlegen. Während der Öffnungszeiten der Stadtverwaltung muss er ausreichende zeitlich, sachliche und räumliche Möglichkeiten haben, seine Informationsinteressen zu befriedigen. Im Gegenzug kann das Rathaus Gebühren für die Auskünfte verlangen. Die Satzung regelt aber auch, dass die Verwaltung über personenbezogene Daten sowie über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse keine Auskünfte erteilen darf. Über 80 bayerische Kommunen, darunter alle Großstädte außer Erlangen, haben bereits solche Informationsfreiheitssatzungen. Zwölf Bundesländer haben die Rechtsfragen in Landesgesetzen geregelt, allerdings nicht der Freistaat. Viele Länder weltweit haben teils sei Jahrzehnten Gesetze über die Informationsfreiheit der Bürger. WOLF-DIETRICH NAHR |
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