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Die Nummer 10 im Landkreis Neumarkt

Mühlhausen verbrieft Journalistenrechte

MÜHLHAUSEN (12. November 2017) – Die Gemeinde Mühlhausen hat mit großer Mehrheit im Gemeinderat die Zehn im Landkreis Neumarkt voll gemacht: Auch diese Kommune hat eine eigene Informationsfreiheitssatzung beschlossen (Foto Wolf-Dietrich Nahr).

Die Sulztal-Gemeinde lehnte sich einerseits stark an die Mustersatzung des Gemeindetages an, ging aber andererseits auch auf den Wunsch der Hauptinitiatoren vom Bayerischen Journalisten-Verband (BJV) ein: Ab dem 1. Dezember mit dem Inkraftreten des neuen Mühlhausener Ortsrechtes können sich nicht nur "Gemeindeangehörige", sondern auch "hauptberufliche Journalisten und Pressevertreter mit gültigem Presseausweis" auf dieses berufen und um Auskunft nachsuchen. Dies stellt einen besonderen presserechtlichen Anspruch dar, weil die Satzung ja unter anderem auch eine Akteneinsicht ermöglicht.

Die zentrale Argumentation von Bürgermeister Dr. Martin Hundsdorfer: Man könne ja den Medien nicht Rechte vorenthalten, die allen Gemeindebürgern zustehen. Der Rathauschef nimmt da ausdrücklich auswärtige Journalisten nicht aus. Im Gegenteil: Wenn sich Medienvertreter von außerhalb für Mühlhausen interessierten, "dann fühlen wir uns geehrt". Hintergrund ist auch eine Aussage der Rechtsaufsicht des Landratsamtes, wonach es seitens der behördlichen Juristen überhaupt keine Einwände dagegen gibt, Journalisten das satzungsmäßige Auskunftsrecht zuzugestehen. Darüber haben die NEUMARKTER NACHRICHTEN berichtet.

Ungeachtet der ohnehin praktizierten Transparenz legt Bürgermeister Hundsdorfer Wert darauf, den Bürgern in dieser Hinsicht ein "positives Signal" zu senden.

Nur zwei Gemeinderäte versagten bei der Schlussabstimmung der Satzung die Zustimmung. Der CSU-Gemeinderat Josef Richter bezeichnete die Informationsfreiheitssatzung als "sinnlos und überflüssig", wiewohl er für entsprechende Transparenz sei.

Der Freie-Wähler-Rat Thomas Kolb – von Beruf Rechtsanwalt – wollte das ganze Satzungsvorhaben auf Eis legen. Er zitierte aus dem sogenannten Inzell-Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs und leitete daraus ab, dass die Kommunen in Bayern wegen des Art. 36 des Bayerischen Datenschutzgesetzes gar kein lokales Satzungsrecht zur Informationsfreiheit hätten. Kolb sprach von "Rechtsunsicherheit" und schlug vor, eine weitere Rechtssprechung zu der Frage abzuwarten.

Experten können allerdings im Moment nicht erkennen, dass zu der Rechtsfrage weitere Verfahren anhängig wären. Bürgermeister Hundsdorfer unterstrich, dass die zugrunde liegende Mustersatzung dieses Urteil des Verwaltungsgerichtshofs auch in Absprache mit dem Landratsamt berücksichtige. Er sah keine Veranlassung, weiter abzuwarten. Die Satzung werde bewusst nur für zwei Jahre in Kraft gesetzt, um dem amtierenden Gemeinderat die Gelegenheit zu geben, noch vor Ablauf der Legislaturperiode Korrekturen vorzunehmen.

Mit Zustimmung des gesamten Gemeinderates hatte ein BJV-Vorstandsmitglied in der Sitzung Gelegenheit, auf den Einwand von Thomas Kolb zu antworten. Demnach stelle die zitierte Aussage des Verwaltungsgerichtshofs ein obiter dictum (lat. „nebenbei Gesagtes“) dar und sei eine in einer Entscheidung eines Gerichtes geäußerte Rechtsansicht, die nicht die gefällte Entscheidung trägt, sondern nur geäußert wurde, weil sich die Gelegenheit dazu bot.

Der Verwaltungsgerichthof hat die Inzeller Satzung für unwirksam erklärt, weil die Kommune Grundrechtseingriffe ohne die geforderte gesetzliche Befugnis ermöglich hat. Gleichzeitig wird das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden und ein entsprechendes Satzungsrecht bejaht, solange keine solchen "gesetzlosen" Grundrechtseingriffe damit erfolgen.

Bei der Frage der "Sperrwirkung" des Art. 36 Datenschutzgesetz für den Erlass kommunaler Informationsfreiheitssatzungen blickt das Gericht in die Begründung des Gesetzentwurfs und stellt fest, dass dort die Existenz der gemeindlichen Satzungen erwähnt, deren "zukünftiges Schicksal aber nicht thematisiert" werde. Das Gericht bezeichnet es einerseits als "zweifelhaft", dass die Kommunen weiter die "Befugnis zur Vermittlung erleichterter Informationszugangsrechte" hätten. Andererseits hielt das Verwaltungsgericht eine abschließende Entscheidung darüber im vorgelegten Fall für nicht erforderlich. Ergo: Die strittige Frage ist in besagtem Urteil tatsächlich nicht endgültig beantwortet worden.

Der BJV-Sprecher erklärte im Mühlhausener Gemeinderat, das Verwaltungsgericht habe letztlich die Existenz von über 90 kommunalen Satzungen in Bayern nicht ignorieren können. Seit dem Urteil seien einige neue Satzungen in Kraft getreten. Sowohl der bayerische Datenschutzbeauftragte als auch das Innenministerium hätten erklärt, dass das kommunale Satzungsrecht bei der Informationsfreiheit angerichts des Inzell-Urteils nicht in Frage zu stellen sei.

WOLF-DIETRICH NAHR